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Mein Löffel, mein Fluss, mein Pfefferminzsprech: Versuch über die Sprache
Oxford German Studies ( IF <0.1 ) Pub Date : 2018-07-03 , DOI: 10.1080/00787191.2018.1503459
Ulrike Almut Sandig

Mein erstes Wort aus einer anderen Sprache hieß loschka. Das ist russisch und bedeutet Löffel. Ich war ungefähr acht und hatte es von Silke Mittag, deren Vater mit den sowjetischen Soldaten zu tun hatte. Später kam snatschki hinzu, das Wort für die militärischen Abzeichen, die sie uns schenkten, wenn keiner hinsah. Sie waren einige Kilometer hinter dem Dorfausgang in der Gohrischheide stationiert, aber niemand sagte Gohrischheide. Es hieß einfach Russenwald. Dass der Russenwald eigentlich ein alter Grenzwald war, der schon im 11. Jahrhundert zwei slawische Stämme voneinander trennte, und in dem sieben Jahrhunderte später das Sächsisch-Kurfürstliche Heer seine Flinten putzte, und dass nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kaum echte Russen da stationiert waren, sondern arme Kerle aus aller Herren sowjetischer Länder, das alles spielte keine Rolle; der Volksmund hat ein selektives Gedächtnis. Dass wir ausgerechnet das russische Wort für Löffel kannten, spielt allerdings eine Rolle. In den frühen Neunziger Jahren, als die Truppen der implodierten Sowjetunion noch nicht abgezogen worden waren, hörte ich einmal unseren Nachbarn witzeln, früher hätten sie um Essen gebettelt, heute um Zigaretten, so schlimm werde es dann ja wohl nicht mehr sein. Nichts, das mit Sprache zu tun hat, ist purer Zufall. Weder wir noch unsere Eltern, die wir alle in der Schule russisch gelernt haben, konnten wirklich russisch. Auch das ist kein Zufall. Und die wenigen Russizismen, die wir verwendeten, wir hatten sie nicht von den sowjetischen Truppen übernommen, sondern von Vertretern unserer Staatsideologie mit ihren eingeschlafenen Füßen. In der Grundschule malten wir den Kosmonauten Juri Gagarin, weil wir ihn malen mussten, wir hätten uns gern vorm Subbotnik gedrückt, wir langweilten uns beim Besuch der Komsomolzen aus dem Freundesland, wir sangen irgendwas über Druschba und staubten die Matrjoschka im Pionierzimmer ab. Vor allem aber raboteten wir uns nicht gerade tot, wenn wir russisch lernen sollten. Und sobald wir es nicht mehr mussten, beendeten wir den unbewussten Widerstand gegen diese Sprache, die wir uns nicht ausgesucht hatten, und vergaßen sie einfach. Wenn ich heute in der Ukraine bin, ärgere ich mich über meine Unfähigkeit, Anschluss an die Lingua Franca dieser mir so verwandten Kultur zu finden, aber zumindest mein westukrainischer Bandkollege, der in viel rigiderer russischer Sprachkolonie aufwuchs als ich, kann mit mir darüber lachen, bevor wir diesen Schlamassel schnell wieder vergessen und uns weiter auf englisch unterhalten. Meine Sprache hat Kopp wie Sieb. Sie erinnert sich nur an Dinge, an die sie sich erinnern will. Vielleicht muss ich mich besser erinnern, um meine Sprache zu verstehen. Aber nicht an die Wörter, die Eingang in meine Sprache gefunden haben, Oxford German Studies, 47. 3, 261–265, September 2018

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Mein Löffel, mein Fluss, mein Pfefferminzsprech: Versuch über die Sprache

Mein erstes Wort aus einer anderen Sprache hieß loschka。Dasist russisch und bedeutet Löffel。Ich war ungefähr acht und hatte es von Silke Mittag, deren Vater mit den sowjetischen Soldaten zu tun hatte。Später kam snatschki hinzu、das Wort für die militärischen Abzeichen、die sie uns schenkten、wenn keiner hinsah。Sie waren einige Kilometerhinter dem Dorfausgang in der Gohrischheide stationiert, aber niemand sagte Gohrischheide。Es hieß einfach Russenwald。Dass der Russenwald eigentlich ein alter Grenzwald war, der schon im 11。 ,sondern arme Kerle aus aller Herren sowjetischer Länder, das alles spielte keine Rolle;der Volksmund hat ein selektives Gedächtnis。Dass wir ausgerechnet das russische Wort für Löffel kannten, spielt allerdings eine Rolle。在 den frühen Neunziger Jahren, als die Truppen der implodierten Sowjetunion noch nicht abgezogen worden waren, hörte ich einmal unseren Nachbarn witzeln, früher hätten sie um Essen gebettelt, heute. Nichts, das mit Sprache zu tun hat, ist pure Zufall。Weder wir noch unsere Eltern, die wir alle in der Schule russisch gelernt haben, konnten wirklich russisch。Auch dasist kein Zufall。Und die wenigen Russizismen,die wir verwendeten,wir hatten sie nicht von den sowjetischen Truppen übernommen,sondern von Vertretern unserer Staatsideologie mit ihren eingeschlafenen Füßen。在 der Grundschule malten wir den Kosmonauten Juri Gagarin,weil wir ihn malen mussten, wir hätten uns gern vorm Subbotnik gedrückt, wir langweilten uns beim Besuch der Komsomolzen aus dem Freundesland, wir sangen irgendwas über Druschba und staubten die Matrjozimmerb Vor allem aber raboteten wir uns nicht gerade tot, wenn wir russisch lernen sollten。Und sobald wir es nicht mehr mussten, bedeten wir den unbewussten Widerstand gegen diese Sprache, die wir uns nicht ausgesucht hatten, und vergaßen sie einfach。Wenn ich heute in derUkraine bin, ärgere ich mich über meine Unfähigkeit, Anschluss an die Lingua Franca dieser mir so verwandten Kultur zu finden, aber zumindest mein westukrainischer Bandkollege, der in vielrigerererach über meine Unfähigkeit, Anschluss an die Lingua Franca dieser mir so verwandten bevor wir diesen Schlamassel schnell wieder vergessen und uns weiter auf englisch unterhalten。Meine Sprache 帽子 Kopp wie Sieb。Sie erinnert sich nur an Dinge,一个 die sie sich erinnern will。Vielleicht muss ich mich besser erinnern, um meine Sprache zu verstehen。Aber nicht an die Wörter, die Eingang in meine Sprache gefunden haben, Oxford German Studies, 47. 3, 261–265, 2018 年 9 月
更新日期:2018-07-03
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