Einleitung

Frühere pflanzensoziologische Studien konzentrierten sich auf die Erforschung der selektiven Wirkung verschiedener Herbizide auf die Zusammensetzung der Unkraut- bzw. Begleitflora in Wein- und Obstanlagen (Engel 1968; Kolbe 1969; Nohl 1982; Stalder et al. 1977). Bei diesen Vegetationskartierungen stellte sich heraus, dass wiederholte Glyphosatanwendung sowohl im Weinbau (Stalder et al. 1977) als auch im Apfelanbau im Meckenheimer Obstbaugebiet einjährige Samenunkräuter wie Vogelmiere (Stellaria media) und Kreuzkraut (Senecio vulgaris) selektierte, wohingegen Gemeine Quecke (Agropyron repens), Weißes Straußgras (Agrostis stolonifera), Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens) und Ampfer (Rumex spp.) verdrängt wurden, während der Zusatz von MCPA Einjährige Rispengräser (Poa annua) selektierte (Nohl 1982).

In der Obstbaupraxis wurde beobachtet (K. J. Wiesel, persönliche Mitteilung), dass Baumstreifen unter ausgewachsenen ‘Elstar’-Bäumen, der mit ca. 6700 ha Anbaufläche in Deutschland am häufigsten angebauten Apfelsorte (Statistisches Bundesamt 2017), auf M 9 eine geringere Verunkrautung aufweisen als Baumstreifen unter Bäumen gleichen Alters anderer Apfelsorten auf der gleichen Unterlage. Da bei diesen Beobachtungen Glyphosat und MCPA zum Einsatz kam, beruht dieses Phänomen nicht unbedingt nur auf einer selektiven Wirkung des verwendeten Herbizids.

Bereits 1969 beobachtete Kolbe im Rheinland einen geringeren Wiederaufwuchs der Beikräuter nach der Herbizidapplikation im Frühjahr durch die stärker beschattende Apfelsorte ‘Ingrid Marie’ auf der Unterlage M2 im Vergleich zu kleineren Bäumen von ‘James Grieve’ auf der gleichen Unterlage; beobachtet wurde eine geringere Wiederbesiedelung des Baumstreifens mit Beikräutern im Herbst nach Applikation der Herbizide im Frühling.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, mögliche Ursachen dieses Phänomens des geringeren Aufwuchses in beschatteten Baumstreifen zu untersuchen. Dazu wurden ca. 1,5 m breite Baumstreifen in drei Parzellen mit ‘Elstar’ und anderen Apfelsorten zum Vergleich im Rahmen einer Masterarbeit im Verlauf der Vegetationsperiode 2019, vor und nach der Herbizidapplikation, untersucht. Vegetationskartierungen erfolgten sowohl im Baumstreifen mit mechanischer Beikrautbekämpfung als auch mit Herbizideinsatz. Zusätzlich wurden Messungen der Beschattung im Baumstreifen mittels Schachbrettmethode und Ceptometer sowie zwei Keimtests durchgeführt.

Für die Untersuchungen wurde kein neuer Versuch angelegt, weil das Phänomen der Beikrautunterdrückung 1. bei ausgewachsenen ‘Elstar’-Apfelbäumen auf gleicher schwachwüchsiger Unterlage M 9 wie bei den Vergleichsbäumen auftritt und 2. jeder Boden bzw. Standort sein eigenes Samenreservoir mitbringt, dessen Vorkommen unbekannt ist und hier absichtlich nicht beeinflusst wurde. Dies muss bei der Interpretation der vorliegenden Ergebnisse berücksichtigt werden.

Material und Methoden

Standort, Klima und Boden

Die Untersuchungen erfolgten auf dem Campus Klein-Altendorf der Universität Bonn. Der Standort ist geprägt durch ein gemäßigtes Klima mit atlantischen Winden und einer Jahresdurchschnittstemperatur von 9,8 ºC und 603 mm Niederschlag pro Jahr. Angaben zu Bodenparametern finden sich in Tab. 1.

Tab. 1 Bodenparameter am Standort Klein-Altendorf in 0–25 cm Tiefe (Ap-Horizont)

Apfelbäume

In die Untersuchung wurden alle Parzellen mit ausgewachsenen ‘Elstar’-Apfelbäumen des Versuchsguts einbezogen (Tab. 2). Bei der ersten Parzelle (C2) waren die Apfelbäume der drei Sorten ‘Elstar’, ‘Gala’ und ‘Braeburn’ in Blöcken quer zu den Reihen angeordnet, sodass in einer Reihe drei Sorten hintereinander wuchsen (Abb. 1).

Tab. 2 Übersicht über die untersuchten Parzellen am Campus Klein-Altendorf
Abb. 1
figure 1

Vegetation im Baumstreifen von gerodeten ‘Gala, Mondial’ (oben), ‘Elstar, Michielsen’ (Mitte) und ‘Braeburn, Mariri Red’-Apfelbäumen (unten) innerhalb derselben Reihe auf der Fläche C2 am Campus Klein-Altendorf im Mai 2019

Im Gegensatz dazu waren bei den anderen beiden Versuchsparzellen (J1 und F2) jeweils vier Reihen ‘Elstar’ durch eine Reihe ‘Golden Delicious’ als Befruchter getrennt. Alle IP-Parzellen waren im Vorjahr einmal mit Glyphosat und MCPA (Juni 2018) behandelt worden (Tab. 2).

Bonituren und Messungen

Sonnenflecken als Maß des Beschattungsgrades

Um die Beschattungsintensität in den Baumstreifen unter den Apfelbäumen zu erfassen, wurden in Anlehnung an Warren Wilson (1960) die Sonnenflecken im Baumstreifen 4 × an einem Tag ohne Wolken an den in Tab. 3 aufgeführten Terminen bestimmt. Dabei kam ein 50 cm × 50 cm großes selbst konstruiertes Schachbrett, im englischen als point quadrat method bezeichnetes Verfahren zum Einsatz. Die Feldgröße betrug 5 cm × 5 cm, sodass das Schachbrett aus 100 Feldern bestand (Abb. 2) und die Werte damit automatisch in Prozent sind. Die Zählung der Sonnenflecken wurden in den Parzellen J1 und F2 an denselben (18- bis 25-mal pro Reihe) Stellen durchgeführt, wie die Bonitur der Vegetation. Um den Beschattungsgrad zu ermitteln, wurden die Sonnenflecken auf der sonnenabgewandten Seite bestimmt, d. h. vormittags auf der West- und nachmittags auf der Ostseite der Baumreihe. Das Schachbrett wurde immer rechts vom Baum platziert, so dass ein Viertel der Fläche abgedeckt war, die bei den Vegetationskartierungen erfasst wurde (Abb. 2a). Es wurde der prozentuale Anteil an Feldern mit Sonnenflecken (die mindestens 30 % des Feldes ausfüllten) ausgewertet, d. h. der Felder mit direkter Sonneneinstrahlung auf dem Boden unterhalb des Baumes.

Tab. 3 Zeitlicher Versuchsablauf in Klein-Altendorf 2019
Abb. 2
figure 2

a Bestimmung der Lichtverfügbarkeit mit der point quadrat method unter Apfelbäumen am Campus Klein-Altendorf (links oben); b Keimtest mit dem Lichtkeimer Kresse (Lepidium sativum) und dem Dunkelkeimer Borretsch (Borago officinalis) unter den ‘Elstar’-Apfelbäumen (rechts oben); c Position des Ceptometers auf dem Schachbrett zur Messung der Lichteinstrahlung im Baumstreifen (links unten); d Referenzsensor für die Ceptometer-Messungen am Ende der Baumreihe (rechts unten)

Ceptometer-Messungen

Die Messungen des Beschattungsgrades mit der Schachbrettmethode wurden begleitet von Lichtmessungen mit dem Ceptometer vom Typ SunScan SS1 (Fa. Delta T Devices, Cambridge, England). Das Ceptometer besteht aus 56 PAR-Lichtsensoren, und einem Referenzsensor auf einem Dreifuß (Abb. 2d). Das Ceptometer wurde parallel zur Baumreihe auf dem Schachbrett platziert (Abb. 2c). Pro Baum wurden 10 Messungen, d. h. eine Messung pro Schachbrettreihe und zehn Messungen pro Sorte (d. h. 100 Messungen pro Sorte und Parzelle und Messdurchgang) an den gleichen Terminen, wie die zweite Schachbrettmessung, durchgeführt. Der Referenzsensor auf dem Dreifuß wurde so weit außerhalb des Hagelnetzes am Ende der Reihe platziert, dass eine Beschattung vermieden wurde (Abb. 2d).

Vegetationskartierung

Die Vegetationskartierung in den Baumstreifen erfolgte nach internationalem Standard (Nohl 1982) in einem 1 m2-Messrahmen. Pro Termin und Reihe wurden 12–16 (J1: 12, F2: 13; C2: 16) Messrahmen mithilfe eines Boniturschemas (Tab. 4) in Anlehnung an Braun-Blanquet (1964) ausgewertet, sodass insgesamt 150 Vegetationskartierungen an drei Terminen erfolgten. Bonitiert wurden am 9. Mai, 11. Juli und 14. Oktober 2019 (Tab. 3) der Bedeckungsgrad und die ca. 10 dominierenden Pflanzenarten in den Baumstreifen. Die erste Bonitur erfolgte im Mai vor und die zweite und die dritte nach der Herbizidapplikation im Mai 2019.

Tab. 4 Eigenes Boniturschema zur Erfassung des Bodenbedeckungsgrads und der Wuchsstärke mit Beikräutern

Keimtest

Um den Einfluss der Lichtdurchlässigkeit der Baumkrone auf die Wiederbesiedelung der Baumstreifen zu untersuchen (Werth et al. 2019), wurden zwei Keimtests durchgeführt (Abb. 2b). Dazu wurden je 200 Samen des Lichtkeimers Kresse (Lepidium sativum) und des Dunkelkeimers Borretsch (Borago officinalis) in Saatschalen mit einem kommerziellen Anzuchtsubstrat (Einheitserdewerke Werkverband e. V.) im August nach der Methode von Lepsis und Blanke (2001, 2005) unter den Bäumen zur Keimung gebracht und die prozentuale Keimrate bestimmt.

Im zweiten Keimversuch wurden am 13. November frisch geerntete Apfelblätter der Sorte ‘Elstar, Michielsen’ und als Vergleich Blätter von ‘Golden Delicious’ mit dem Substrat vermischt (Verhältnis 1:10 (v/v)) und die Wirkung auf die Keimung von Samen der Gartenkresse (Lepidium sativum) im Gewächshaus in Anlehnung an Lepsis und Blanke (2001, 2005) am 17. Dezember bonitiert (Kressetest).

Statistische Auswertung

Die statistische Auswertung der Messergebnisse erfolgte in Excel mit zweifaktorieller (Sorte mal Bewirtschaftungsform) Varianzanalyse ANOVA. Die Messergebnisse wurde auf Normalverteilung und Varianzhomogenität geprüft. Angegeben sind die Mittelwerte und Standardfehler (SE) bei 5 % Fehler-Wahrscheinlichkeit.

Ergebnisse

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mögliche natürliche Wirkungsmechanismen der Beikrautunterdrückung bei ‘Elstar’-Apfelbäumen zu untersuchen; dazu wurden im ersten Schritt die dominierenden Pflanzenarten auf ihr Vorkommen und ihre Verbreitung bonitiert (Tab. 5).

Tab. 5 Selektierte Pflanzenarten im Baumstreifen der Apfelanlagen in Klein-Altendorf eingeteilt nach der selektiven Langzeitwirkung durch Glyphosat

Vegetationskartierung in der Parzelle C2

Abb. 3 zeigt den signifikant höheren Bodenbedeckungsgrad der Baumstreifen mit Beikräutern und Boniturnoten von 3,8 bis 4,3 bei ‘Gala’ und ‘Braeburn’ im Vergleich zu 1,7 bis 1,9 bei ‘Elstar’. Diese unterschiedlichen Bedeckungsgrade wurden auf nach IP-Richtlinien und ökologisch bewirtschafteten Flächen beobachtet, d. h. die Anbauform bzw. Baumstreifenbehandlung (chemisch oder mechanisch) hatte keinen Einfluss auf das Phänomen der Beikrautunterdrückung bei Elstar Apfelbäumen.

Abb. 3
figure 3

Beikrautbedeckungsgrad unter gerade gerodeten Apfelbäumen der Sorten ‘Elstar, Michielsen’, ‘Gala, Mondial’ und ‘Braeburn, Mariri Red’ auf dem Campus Klein-Altendorf auf nach IP-Richtlinien (chemische Unkrautbekämpfung) und biologisch (mechanische Unkrautbekämpfung) bewirtschafteten Flächen zum ersten Boniturtermin am 9. Mai 2019. MW ± SE (n = 16)

Vegetationskartierungen in der Parzelle C2

Abb. 4 zeigt die unterschiedliche Zusammensetzung der Beikrautflora in Baumstreifen mit mechanischer Unkrautbekämpfung und Herbizidanwendung unter Bäumen der Apfelsorten ‘Elstar, Michielsen’, ‘Gala, Mondial’ und ‘Braeburn, Mariri Red’.

Abb. 4
figure 4

Häufigkeit (Anzahl der Boniturrahmen in denen die Beikrautarten nachgewiesen wurden) der Beikrautarten auf dem ökologisch und nach IP-Richtlinien bewirtschafteten Teil des Schlags C2 am Campus Klein-Altendorf der Universität Bonn im Baumstreifen unter Apfelbäumen der Sorten ‘Braeburn Mariri Red’, ‘Gala Mondial’ und ‘Elstar Michielsen’ bonitiert am 9. Mai 2019 vor der Herbizidapplikation am 18. Mai 2019

Vegetationskartierung in der Parzelle F2

Die Vegetationskartierung am 9. Mai 2019 vor der Herbizidapplikation am 18. Mai 2019 zeigt sowohl die indirekte Selektion der Beikräuter durch Glyphosat auf Vogelmiere (Stellaria media), Kreuzkraut (Seneccio spp.) und Taubnessel (Lamium spp.) (Tab. 5 und 6), als auch die dominierenden Arten, allen voran Löwenzahn (Taraxcacum officinale), Behaartes Schaumkraut (Cardamine hirsuta) und Gräser (Poa spp.) (Abb. 5a).

Tab. 6 Unterrepräsentierte Pflanzenarten in den Apfelanlagen in Klein-Altendorf
Abb. 5
figure 5

Häufigkeit (Anzahl der Boniturrahmen in denen die Beikrautarten nachgewiesen wurden) des Auftretens der Beikräuter bei den 3 Vegetationskartierungen am a 9. Mai vor der Herbizidapplikation, b 11. Juli (zwei Monate nach der Herbizidanwendung) und am c 14. Oktober 2019 in der Fläche F2 am Campus Klein-Altendorf im Baumstreifen von Apfelbäumen der Sorten ‘Golden Delicious’ und ‘Elstar, Michielsen’

Abb. 5b zeigt die Boniturergebnisse der gleichen Parzelle zwei Monate nach der Herbizidapplikation, d. h. die geringere Verbreitung der Beikräuter im Baumstreifen unter den ausgewachsenen ‘Elstar’-Apfelbäumen im Vergleich zum Baumstreifen der Nachbarreihe mit ‘Golden Delicious’ als Bestäuber; beide Sorten stehen auf der Unterlage M 9 und die Bäume haben das gleiche Alter (Abb. 5b). Sowohl Kreuzkraut (Senecio spp.) als auch Gänseblümchen (Bellis perennis) traten in den Baumstreifen unter ‘Elstar’ mit wesentlich geringerer Stetigkeit auf als unter ‘Golden Delicious’ in der benachbarten Reihe. Vogelmiere (Stellaria media), Ehrenpreis (Veronica spp.) und Taubnessel (Lamium spp.), deren Samen nach einem Monat noch nicht aufgelaufen sind, waren in dieser heißen Sommerperiode (bis 41 ºC) besonders betroffen von der Kombination aus Beikrautunterdrückung durch ‘Elstar’ und Glyphosatanwendung einen Monat zuvor (Abb. 5b). Bei der Herbstbonitur zeigte sich jedoch wieder ein stärkerer Aufwuchs von Kreuzkraut (Seneccio spp.) und Taubnessel (Lamium spp.) (Abb. 5c).

Abb. 6 zeigt den mittleren Beikrautbedeckungsgrad und die Wuchsstärke, angegeben jeweils als Boniturnote nach Tab. 4. Sowohl der Bedeckungsgrad als auch die Wuchsstärke der Beikräuter im Baumstreifen bei ‘Golden Delicious’ wurde bei der Vegetationskartierung im Mai 2019 vor der Herbizidapplikation mit den Boniturnoten 3,1 bzw. 2,6 bewertet und überstieg damit signifikant den Wert bei ‘Elstar’ mit 2,2 bzw. 2,2 (Abb. 6) und zeigt den geringeren Unkrautbesatz unter ‘Elstar’ Apfelbäumen (in dieser Parzelle).

Abb. 6
figure 6

a Mittlere Beikrautbedeckung und b mittlere Wuchsstärke der Beikräuter im Baumstreifen unter Apfelbäumen der Sorten ‘Elstar, Michielsen’ und ‘Golden Delicious’ am Campus Klein-Altendorf auf der Fläche F2 zum ersten Boniturtermin am 9. Mai 2019 ein Jahr nach der letzten Herbizidbehandlung im Vorjahr. MW ± SE (n = 18)

Nach der Herbizidapplikation im Mai 2019 überstieg die mittlere Anzahl der unterschiedlichen Beikrautarten pro Boniturrahmen im Baumstreifen von ‘Golden Delicious’ erst die der Anzahl bei ‘Elstar’; dieser Unterschied glich sich mit zunehmendem Aufwuchs im Herbst auf das Niveau der Frühlingswerte an (Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

Mittlere Anzahl der dominierenden Beikrautarten zu drei Boniturterminen im Frühling, Sommer und Herbst in der Vegetationsperiode 2019 in Baumstreifen unter ‘Elstar, Michielsen’ und ‘Golden Delicious’ Apfelbäumen in der Parzelle F2. MW ± SE (n = 25)

Messung des Beschattungsgrades in der Parzelle J1

Nach Ergebnissen von Wagenmakers und Tazelaar (1999) in Wilhelminadorp (Zeeland) wurden die Lichtmessungen in der von Palmer und Jackson (1977) empfohlenen Nord-Süd ausgerichteten Baumreihe im Juni 2019 um 10:30 Uhr und 14:45 Uhr und im Juli um 10:40 Uhr und 14:30 Uhr durchgeführt, weil zu diesem Zeitpunkt Sonnenflecken und simulierter Lichteinfall nach Wagenmakers und Tazelaar (1999) an unserem 51º Breitengrad am besten korrelierten.

Abb. 8 zeigt eine 25 % bis 30 % signifikant geringere Lichteinstrahlung im Juni 2019 unter den ‘Elstar’-Baumkronen als unter Apfelbäumen gleichen Alters der Sorte ‘Golden Delicious’ in der Nachbarreihe, besonders deutlich zeigte sich der Unterschied am frühen Morgen, wenn der Sonnenstandswinkel mit 57º noch geringer war als zur Mittagszeit bei 62º Sonnenstandswinkel.

Abb. 8
figure 8

Tagesverlauf der Lichteinstrahlung auf der Bodenoberfläche ermittelt nach der Schachbrettmethode unter ausgewachsenen ‘Elstar, Michielsen’- und ‘Golden Delicious’-Apfelbäumen in zwei benachbarten Baumreihen an einem wolkenlosen Tag (24. Juni 2019) am Campus Klein-Altendorf (max. Sonnenstandswinkel 62º) auf der Fläche J1. Gemessen wurde um 10:30 Uhr und 12:30 Uhr auf der West- und um 14:45 Uhr und um 16:30 Uhr auf der Ostseite der Baumreihe. Die horizontale grau gestrichelte Grade gibt die mittlere Lichteinstrahlung der beiden Sorten an und die gepunkteten blauen Geraden geben den Durchschnitt der einzelnen Sorten an. MW ± SE (n = 18)

Die prozentualen Lichteinstrahlungswerte der Ceptometer-Messungen (10–20 %) im Baumstreifen lagen weit unter den Werten der Schachbrettmethode mit Werten von 40–75 % (Abb. 9); bei beiden Methoden zeigte sich die höhere Beschattung der ‘Elstar’-Bäume im Baumstreifen.

Abb. 9
figure 9

Lichteinstrahlung in % auf der Bodenoberfläche unter benachbarten Baumreihen ausgewachsener ‘Elstar, Michielsen’ und ‘Golden Delicious’ Apfelbäumen, ermittelt mit der Schachbrett-Methode (durchgezogene Linie) und mit dem Ceptometer (gestrichelte Linie) an einem wolkenlosen Tag mit direkter Sonneneinstrahlung (30. August 2019) am Campus Klein-Altendorf (max. Sonnenstandswinkel 51º) auf der Fläche J1. Um 11:00 Uhr und 13:00 Uhr MESZ wurde auf der Westseite der Baumreihe gemessen, um 15:00 Uhr auf der Ostseite. MW ± SE (n = 10)

Die prozentuale Lichteinstrahlung von ca. 30% im Baumstreifen unter den Apfelbäumen war an einem Tag mit diffuser Belichtung im Spätherbst höher als an einem Tag mit direkter Sonneneinstrahlung (ca. 20 %; Abb. 9). Bei dieser Messung konnte kein Unterschied zwischen den beiden Apfelsorten ‘Elstar’ und ‘Golden Delicious’ festgestellt werden (Abb. 10) und lässt darauf schließen, dass der beobachtete Effekt der geringeren Verunkrautung durch Beschattung besonders durch Tage mit direkter Sonneneinstrahlung hervorgerufen wird.

Abb. 10
figure 10

Mit dem Ceptometer ermittelter prozentualer Anteil der Lichteinstrahlung an einem Tag mit diffuser Lichteinstrahlung auf der Bodenoberfläche unter Apfelbäumen der Sorten ‘Elstar, Michielsen’ und ‘Golden Delicious’ an der gesamten diffusen Lichteinstrahlung an einem bedeckten Tag (26. September 2019). Die Messungen erfolgten auf der Parzelle J1 am Campus Klein-Altendorf (max. Sonnenstandswinkel 40°) unter zwei benachbarten Baumreihen um 11:00 Uhr und 13:00 Uhr auf der Westseite der Baumreihen und um 15:00 Uhr auf der Ost-Seite. Die gepunktete graue Linie gibt den Mittelwert beider Sorten an. MW ± SE (n = 10)

Keimtest

Die Aussaatversuche mit Keimschalen im Baumstreifen beider Apfelsorten (‘Golden Delicious’ und ‘Elstar’) im Sommer haben gezeigt, dass die Keimrate des Lichtkeimers Kresse (Lepidium sativum) bei beiden Apfelsorten (ca. 80 %) identisch zu der des Dunkelkeimers Borretsch (Borago officinalis) (ca. 80 %) war und somit kein Unterschied in der Keimrate in Abhängigkeit von der Lichtstärke auftrat (Abb. 11).

Abb. 11
figure 11

Keimtests: a Am 30. August 2019 bonitierte Keimrate in % des Lichtkeimers Kresse (Lepidium sativum) und des Dunkelkeimers Borretsch (Borago officinalis), in Saatgefäßen im Baumstreifen aufgestellt unter Apfelbäumen der Sorten ‘Elstar, Michielsen’ und ‘Golden Delicious’. MW ± SE (n = 4 Saatschalen) und b Keimtest mit Kresse (Lepidium sativum) in Saatschalen mit Substrat und zerkleinertem Falllaub (1:10 v/v) von ‘Elstar, Michielsen’ und ‘Golden Delicious’ Apfelbäumen. MW ± SE (n = 4 Saatschalen)

Diskussion

Ziel der Arbeit war, mögliche Ursachen und Wirkungsmechanismen dieses Phänomens der natürlichen Unkrautunterdrückung in ‘Elstar’-Anlagen im Vergleich zu anderen ausgewachsenen Apfelbäumen auf der gleichen Unterlage am gleichen Standort zu untersuchen.

Die Ergebnisse in Tab. 5 bestätigen zum Teil die Beobachtungen der früheren Vegetationskartierung in den Obstanlagen im Rheinland, dass wiederholte Glyphosatanwendung (über 5 bis 10 Jahre) im Meckenheimer Obstbaugebiet einjährige Samenunkräuter, wie Vogelmiere (Stellaria media) und Gemeines Kreuzkraut (Senecio vulgaris) indirekt selektierte, wohingegen Gemeine Quecke (Agropyron repens), Weißes Straußgras (Agrostis stolonifera), Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens) und Ampfer (Rumex spp.) verdrängt wurden (Nohl 1982). Erstaunlich ist, dass die gleiche selektive Wirkung von Glyphosat (2,5 bzw. 3,6 kg/ha/Jahr) auf die zwei oben aufgeführten Arten, Vogelmiere (Stellaria media) und Gemeines Kreuzkraut (Senecio vulgaris), und Gräser auch im Weinbau von Stalder et al. (1977) in Rebanlagen in der deutschsprachigen Schweiz beobachtet wurde. Glyphosat unterdrückte in der Schweiz Convolvulus-Arten, verhinderte aber nach der Applikation nicht das Auflaufen von einjährigen Samenunkräutern, wie Vogelmiere (Stellaria media), Gemeines Kreuzkraut (Senecio vulgaris) und Taubnessel (Lamium spp.) (Stalder et al. 1977).

Neben Vogelmiere (Stellaria media) und Kreuzkraut (Seneccio spp.) traten in unseren Bonituren wesentlich stärker Gras (Poa spp.), Gänseblümchen (Bellis perennis), Löwenzahn (Taraxcacum officinale) und Schaumkraut (Cardamie hirsuta) auf. Die höhere Anzahl an durch Glyphosat und MCPA selektierten Arten im vorliegenden Versuch (Abb. 3) könnte durch den selteneren Einsatz der verwendeten Herbizidkombination zum Zeitpunkt der Untersuchung bedingt sein mit einem längeren Zeitabstand von einem Jahr zur Regeneration der betroffenen Beikrautflora. Nach Stalder et al. (1977) beseitigt die erste Glyphosatbehandlung den Vegetationsaufwuchs einmalig, sodass die bereits im Boden vorhandenen Samen der Samenunkräuter (z. B. Vogelmiere) nach der Applikation im Frühjahr als erstes wieder auflaufen können. Gemeine Quecke (Agropyron repens), Weißes Straußgras (Agrostis stolonifera), Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens) und Ampfer (Rumex spp.) wurden zum Zeitpunkt der Bonitur auf den untersuchten Parzellen am Campus Klein-Altendorf nicht aufgefunden. Bei den vorangegangenen Vegetationskartierungen im Meckenheimer Raum waren die untersuchten Apfelsorten bei der Auswertung nicht berücksichtigt. Die Kombination der Ergebnisse von Kolbe (1969), Nohl (1982) und Stalder et al. (1977) lässt den Schluss zu, dass dieses Phänomen der Unkrautunterdrückung im Baumstreifen von Elstar-Anlagen sortenspezifisch ist und eine Kombination aus den Folgen der stärkeren Beschattung dieser Sorte bzw. Lichtmangel und Herbizid- bzw. Glyphosatanwendung (und spezifischer Wirkstoffe). Die Unterlage spielt vermutlich keine Rolle, da die Vergleichspflanzen immer auf derselben Unterlage (M 9 in Klein-Altendorf bzw. M2 am Laacherhof bei Burscheid) standen.

Anhand der Ergebnisse des zweiten Keimtests konnte keine direkte keimhemmende Wirkung der Apfelbäume oder des Falllaubes der Sorte ‘Elstar’ nachgewiesen werden (Abb. 11) – im Gegensatz zu z. B. Walnuss (Juglans regia), aus deren Blättern herbizidwirksame Stoffe extrahiert wurden und als Herbizide im ökologischen Anbau gegen ausgesuchte Beikräuter verwendet werden könnten (Kocaçaliskan und Terzi 2001).

Die Keimversuche haben gezeigt, dass die Keimrate des Lichtkeimers Kresse (Lepidium sativum) (ca. 80 %) identisch zu der des Dunkelkeimers Borretsch (Borago officinalis) (ca. 80 %) war und somit kein Unterschied in der Keimrate in Abhängigkeit von der Lichtstärke auftrat (Abb. 11). Bei ansonsten günstigen Keimbedingungen (Wasserversorgung, Temperatur) kann es vorkommen, dass Licht- und Dunkelkeimer unabhängig von der herrschenden Lichteinstrahlung gleich gut keimen (Kuhn 1916).

Fazit

Die Kombination unserer Ergebnisse (Abb. 7, 8 und 9 mit ‘Elstar Michielsen’ auf M 9) mit denen von Kolbe (1969) (mit ‘Ingrid Marie’ auf M 2) lassen vermuten, dass die beikrautunterdrückende Wirkung im Wiederaufwuchs nach Beikrautbekämpfung bei ausgewachsenen ‘Elstar, Michielsen’-Apfelbäumen sortenbedingt durch die Schattierung dieser wüchsigeren Bäume und möglicherweise anderer Faktoren bedingt ist und nicht von der Bewirtschaftungsform (IP oder Bio) abhängt.