Zusammenfassung
Im Rahmen einer Masterarbeit sollte untersucht werden, warum der Baumstreifen in ausgewachsenen Elstar-Anlagen wesentlich weniger Aufwuchs aufweist als bei anderen Apfelsorten auf der gleichen Unterlage am gleichen Standort. Daher wurde die Vegetation in Baumstreifen von ‘Elstar’-Anlagen im Vergleich zu drei anderen Apfelsorten in 150 Vegetationsaufnahmen an drei Terminen in einjährigen Untersuchungen am Campus Klein-Altendorf bonitiert. Daneben wurde die Lichtdurchlässigkeit der Baumkrone mittels 300 Ceptometer- und 100 Schachbrettmessungen der Sonnenflecken im Baumstreifen im Juni und September – nach der Herbizidapplikation im Mai 2019 – ermittelt.
Die mit der Schachbrettmethode bzw. mit dem Ceptometer ermittelte Lichteinstrahlung durch die Baumkrone auf den Baumstreifen unter den ‘Elstar’-Apfelbäumen war im September um ca. 35 % bzw. ca. 10 % signifikant geringer als unter Bäumen gleichen Alters der Sorte ‘Golden Delicious’ in der Nachbarreihe auf der gleichen Unterlage M 9.
Der Baumstreifen unter ausgewachsenen ‘Gala’- und ‘Braeburn’-Apfelbäumen wies einen statistisch signifikant höheren Bodenbedeckungsgrad mit Beikräutern mit Boniturnoten von 3,8–4,3 im Vergleich zu 1,7–1,9 bei ‘Elstar’ auf (auf der Skala 1–5) – auf zwei nach IP-Richtlinien und einer biologisch bewirtschafteten Fläche, d. h. die Art der Baumstreifenbehandlung (chemisch oder mechanisch) hatte keinen Einfluss auf das Phänomen der Beikrautunterdrückung bei ausgewachsenen ‘Elstar’-Apfelbäumen.
Sowohl Kreuzkraut (Senecio spp.) als auch Gänseblümchen (Bellis perennis) traten in den Baumstreifen unter ausgewachsenen ‘Elstar’-Apfelbäumen mit wesentlich geringerer Stetigkeit auf als unter ‘Golden Delicious’ in der benachbarten Reihe. Die in der Literatur beschriebene indirekte Selektion durch langjährige Glyphosatanwendung auf Vogelmiere (Stellaria media) und Kreuzkraut (Seneccio spp.) durch Auskeimen der Samen nach der Herbizidapplikation wurde bestätigt; im vorliegenden Versuch traten jedoch Behaartes Schaumkraut (Cardamine hirsuta) und Rispengräser (Poa spp.) stärker auf.
Keimtests in Aussaatschalen – aufgestellt in den Baumstreifen – unter den Apfelbäumen der beiden Apfelsorten ‘Elstar, Michielsen’ und als Vergleich ‘Golden Delicious’ mit einem Licht- (Lepidium sativum) und einem Dunkelkeimer (Borago officinalis) zeigten keinen Unterschied in der Keimrate. Keimtests mit Kressesamen (Lepidium sativum) in mit Falllaub vermischtem Substrat in Aussaatschalen im Gewächshaus zeigten keine keimhemmende und damit keine allelopathische Wirkung des Falllaubes der Sorte ‘Elstar’.
Die vorliegenden Ergebnisse der Beikrautunterdrückung im Wiederaufwuchs nach Beikrautbekämpfung stimmen mit denen unter starkwüchsigen ‘Ingrid Marie’ auf M 2 aus der Literatur überein. Diese Wirkung ausgewachsener Apfelbäume der Sorte ‘Elstar, Michielsen’ auf M 9 ist durch die Schattierung dieser wüchsigeren Bäume bedingt und hängt nicht von der Bewirtschaftungsform (IP mit Herbizideinsatz oder Öko mit mechanischer Beikrautbekämpfung), aber eventuell noch von weiteren Faktoren, ab.
Abstract
The objective of this field trial was to investigate causes of the reduced weed population/vegetation in the herbicide strip of fully-grown cv. ‘Elstar’ apple trees. The vegetation in the herbicide strip of cv. ‘Elstar’ with 150 assessments was compared with that under cv. ‘Golden Delicious’, ‘Gala’ and ‘Braeburn’ apple trees on the same rootstock (M 9) at the same location at Klein-Altendorf, University of Bonn, Germany (51º N). To determine the amount of light available to the vegetation in the herbicide strip, light interception of the tree canopy was measured. The 300 ceptometer and the 100 sunfleck measurements with the ‘point quadrat method’ (chessboard) in September after herbicide application in May showed a significant 10% (ceptometer) and 35% (sunfleck) light reduction in the herbicide strip under ‘Elstar’ apple trees relative to ‘Golden Delicious’ in the adjacent tree row.
The tree strip under fully-grown cv. ‘Gala’ and ‘Braeburn’ apple trees was statistical significantly more densely covered with weeds rated as 3.8–4.3 in comparison with that of cv. ‘Elstar’ rated as 1.7–1.9 on a scale of 1 (0–20%) to 5 (80–100% surface covered); this finding applied to both chemical (IP) and mechanical (organic) weeding.
Common groundsel (Senecio spp.) and daisy (Bellis perennis) were less abundant in the tree strips under fully-grown ‘Elstar’ apple trees than under fully-grown ‘Golden Delicious’ apple trees of the adjacent row. The indirect weed species selection as a result of longtime glyphosate application as described in the literature was confirmed; this herbicide application allowed the subsequent germination of seeds of common chickweed (Stellaria media) and common groundsel (Seneccio spp.). In the present experiment, cuckooflower (Cardamine hirsuta) and meadow grasses (Poa spp.) dominated.
Seeds in trays placed in the strip under the more shading cv. ‘Elstar’ and the less shading cv. ‘Golden Delicious’ tree canopy showed no difference in germination rate. Similarly, seeds of garden cress (Lepidium sativum) showed no difference in germination rate in trays with substrate mixed with cv. ‘Elstar’ or cv. ‘Golden Delicious’ leaves (1/10 v/v) thereby discounting an allelopathic cause.
The present results of weed suppression by the cv. ‘Elstar’ trees after herbicide application are in line with those reported of vigorous apple cv. ‘Ingrid Marie’ on M2 rootstock in the literature in the same region. This weed suppression by fully-grown cv. ‘Elstar, Michielsen’ appears not only cultivar dependent, but may be related to shading by the canopy of vigorous fruit trees, irrespective of cultivation (IFP with herbicide or organic production with mechanical weeding) and possibly influenced by further factors.
Einleitung
Frühere pflanzensoziologische Studien konzentrierten sich auf die Erforschung der selektiven Wirkung verschiedener Herbizide auf die Zusammensetzung der Unkraut- bzw. Begleitflora in Wein- und Obstanlagen (Engel 1968; Kolbe 1969; Nohl 1982; Stalder et al. 1977). Bei diesen Vegetationskartierungen stellte sich heraus, dass wiederholte Glyphosatanwendung sowohl im Weinbau (Stalder et al. 1977) als auch im Apfelanbau im Meckenheimer Obstbaugebiet einjährige Samenunkräuter wie Vogelmiere (Stellaria media) und Kreuzkraut (Senecio vulgaris) selektierte, wohingegen Gemeine Quecke (Agropyron repens), Weißes Straußgras (Agrostis stolonifera), Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens) und Ampfer (Rumex spp.) verdrängt wurden, während der Zusatz von MCPA Einjährige Rispengräser (Poa annua) selektierte (Nohl 1982).
In der Obstbaupraxis wurde beobachtet (K. J. Wiesel, persönliche Mitteilung), dass Baumstreifen unter ausgewachsenen ‘Elstar’-Bäumen, der mit ca. 6700 ha Anbaufläche in Deutschland am häufigsten angebauten Apfelsorte (Statistisches Bundesamt 2017), auf M 9 eine geringere Verunkrautung aufweisen als Baumstreifen unter Bäumen gleichen Alters anderer Apfelsorten auf der gleichen Unterlage. Da bei diesen Beobachtungen Glyphosat und MCPA zum Einsatz kam, beruht dieses Phänomen nicht unbedingt nur auf einer selektiven Wirkung des verwendeten Herbizids.
Bereits 1969 beobachtete Kolbe im Rheinland einen geringeren Wiederaufwuchs der Beikräuter nach der Herbizidapplikation im Frühjahr durch die stärker beschattende Apfelsorte ‘Ingrid Marie’ auf der Unterlage M2 im Vergleich zu kleineren Bäumen von ‘James Grieve’ auf der gleichen Unterlage; beobachtet wurde eine geringere Wiederbesiedelung des Baumstreifens mit Beikräutern im Herbst nach Applikation der Herbizide im Frühling.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, mögliche Ursachen dieses Phänomens des geringeren Aufwuchses in beschatteten Baumstreifen zu untersuchen. Dazu wurden ca. 1,5 m breite Baumstreifen in drei Parzellen mit ‘Elstar’ und anderen Apfelsorten zum Vergleich im Rahmen einer Masterarbeit im Verlauf der Vegetationsperiode 2019, vor und nach der Herbizidapplikation, untersucht. Vegetationskartierungen erfolgten sowohl im Baumstreifen mit mechanischer Beikrautbekämpfung als auch mit Herbizideinsatz. Zusätzlich wurden Messungen der Beschattung im Baumstreifen mittels Schachbrettmethode und Ceptometer sowie zwei Keimtests durchgeführt.
Für die Untersuchungen wurde kein neuer Versuch angelegt, weil das Phänomen der Beikrautunterdrückung 1. bei ausgewachsenen ‘Elstar’-Apfelbäumen auf gleicher schwachwüchsiger Unterlage M 9 wie bei den Vergleichsbäumen auftritt und 2. jeder Boden bzw. Standort sein eigenes Samenreservoir mitbringt, dessen Vorkommen unbekannt ist und hier absichtlich nicht beeinflusst wurde. Dies muss bei der Interpretation der vorliegenden Ergebnisse berücksichtigt werden.
Material und Methoden
Standort, Klima und Boden
Die Untersuchungen erfolgten auf dem Campus Klein-Altendorf der Universität Bonn. Der Standort ist geprägt durch ein gemäßigtes Klima mit atlantischen Winden und einer Jahresdurchschnittstemperatur von 9,8 ºC und 603 mm Niederschlag pro Jahr. Angaben zu Bodenparametern finden sich in Tab. 1.
Apfelbäume
In die Untersuchung wurden alle Parzellen mit ausgewachsenen ‘Elstar’-Apfelbäumen des Versuchsguts einbezogen (Tab. 2). Bei der ersten Parzelle (C2) waren die Apfelbäume der drei Sorten ‘Elstar’, ‘Gala’ und ‘Braeburn’ in Blöcken quer zu den Reihen angeordnet, sodass in einer Reihe drei Sorten hintereinander wuchsen (Abb. 1).
Im Gegensatz dazu waren bei den anderen beiden Versuchsparzellen (J1 und F2) jeweils vier Reihen ‘Elstar’ durch eine Reihe ‘Golden Delicious’ als Befruchter getrennt. Alle IP-Parzellen waren im Vorjahr einmal mit Glyphosat und MCPA (Juni 2018) behandelt worden (Tab. 2).
Bonituren und Messungen
Sonnenflecken als Maß des Beschattungsgrades
Um die Beschattungsintensität in den Baumstreifen unter den Apfelbäumen zu erfassen, wurden in Anlehnung an Warren Wilson (1960) die Sonnenflecken im Baumstreifen 4 × an einem Tag ohne Wolken an den in Tab. 3 aufgeführten Terminen bestimmt. Dabei kam ein 50 cm × 50 cm großes selbst konstruiertes Schachbrett, im englischen als point quadrat method bezeichnetes Verfahren zum Einsatz. Die Feldgröße betrug 5 cm × 5 cm, sodass das Schachbrett aus 100 Feldern bestand (Abb. 2) und die Werte damit automatisch in Prozent sind. Die Zählung der Sonnenflecken wurden in den Parzellen J1 und F2 an denselben (18- bis 25-mal pro Reihe) Stellen durchgeführt, wie die Bonitur der Vegetation. Um den Beschattungsgrad zu ermitteln, wurden die Sonnenflecken auf der sonnenabgewandten Seite bestimmt, d. h. vormittags auf der West- und nachmittags auf der Ostseite der Baumreihe. Das Schachbrett wurde immer rechts vom Baum platziert, so dass ein Viertel der Fläche abgedeckt war, die bei den Vegetationskartierungen erfasst wurde (Abb. 2a). Es wurde der prozentuale Anteil an Feldern mit Sonnenflecken (die mindestens 30 % des Feldes ausfüllten) ausgewertet, d. h. der Felder mit direkter Sonneneinstrahlung auf dem Boden unterhalb des Baumes.
Ceptometer-Messungen
Die Messungen des Beschattungsgrades mit der Schachbrettmethode wurden begleitet von Lichtmessungen mit dem Ceptometer vom Typ SunScan SS1 (Fa. Delta T Devices, Cambridge, England). Das Ceptometer besteht aus 56 PAR-Lichtsensoren, und einem Referenzsensor auf einem Dreifuß (Abb. 2d). Das Ceptometer wurde parallel zur Baumreihe auf dem Schachbrett platziert (Abb. 2c). Pro Baum wurden 10 Messungen, d. h. eine Messung pro Schachbrettreihe und zehn Messungen pro Sorte (d. h. 100 Messungen pro Sorte und Parzelle und Messdurchgang) an den gleichen Terminen, wie die zweite Schachbrettmessung, durchgeführt. Der Referenzsensor auf dem Dreifuß wurde so weit außerhalb des Hagelnetzes am Ende der Reihe platziert, dass eine Beschattung vermieden wurde (Abb. 2d).
Vegetationskartierung
Die Vegetationskartierung in den Baumstreifen erfolgte nach internationalem Standard (Nohl 1982) in einem 1 m2-Messrahmen. Pro Termin und Reihe wurden 12–16 (J1: 12, F2: 13; C2: 16) Messrahmen mithilfe eines Boniturschemas (Tab. 4) in Anlehnung an Braun-Blanquet (1964) ausgewertet, sodass insgesamt 150 Vegetationskartierungen an drei Terminen erfolgten. Bonitiert wurden am 9. Mai, 11. Juli und 14. Oktober 2019 (Tab. 3) der Bedeckungsgrad und die ca. 10 dominierenden Pflanzenarten in den Baumstreifen. Die erste Bonitur erfolgte im Mai vor und die zweite und die dritte nach der Herbizidapplikation im Mai 2019.
Keimtest
Um den Einfluss der Lichtdurchlässigkeit der Baumkrone auf die Wiederbesiedelung der Baumstreifen zu untersuchen (Werth et al. 2019), wurden zwei Keimtests durchgeführt (Abb. 2b). Dazu wurden je 200 Samen des Lichtkeimers Kresse (Lepidium sativum) und des Dunkelkeimers Borretsch (Borago officinalis) in Saatschalen mit einem kommerziellen Anzuchtsubstrat (Einheitserdewerke Werkverband e. V.) im August nach der Methode von Lepsis und Blanke (2001, 2005) unter den Bäumen zur Keimung gebracht und die prozentuale Keimrate bestimmt.
Im zweiten Keimversuch wurden am 13. November frisch geerntete Apfelblätter der Sorte ‘Elstar, Michielsen’ und als Vergleich Blätter von ‘Golden Delicious’ mit dem Substrat vermischt (Verhältnis 1:10 (v/v)) und die Wirkung auf die Keimung von Samen der Gartenkresse (Lepidium sativum) im Gewächshaus in Anlehnung an Lepsis und Blanke (2001, 2005) am 17. Dezember bonitiert (Kressetest).
Statistische Auswertung
Die statistische Auswertung der Messergebnisse erfolgte in Excel mit zweifaktorieller (Sorte mal Bewirtschaftungsform) Varianzanalyse ANOVA. Die Messergebnisse wurde auf Normalverteilung und Varianzhomogenität geprüft. Angegeben sind die Mittelwerte und Standardfehler (SE) bei 5 % Fehler-Wahrscheinlichkeit.
Ergebnisse
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mögliche natürliche Wirkungsmechanismen der Beikrautunterdrückung bei ‘Elstar’-Apfelbäumen zu untersuchen; dazu wurden im ersten Schritt die dominierenden Pflanzenarten auf ihr Vorkommen und ihre Verbreitung bonitiert (Tab. 5).
Vegetationskartierung in der Parzelle C2
Abb. 3 zeigt den signifikant höheren Bodenbedeckungsgrad der Baumstreifen mit Beikräutern und Boniturnoten von 3,8 bis 4,3 bei ‘Gala’ und ‘Braeburn’ im Vergleich zu 1,7 bis 1,9 bei ‘Elstar’. Diese unterschiedlichen Bedeckungsgrade wurden auf nach IP-Richtlinien und ökologisch bewirtschafteten Flächen beobachtet, d. h. die Anbauform bzw. Baumstreifenbehandlung (chemisch oder mechanisch) hatte keinen Einfluss auf das Phänomen der Beikrautunterdrückung bei Elstar Apfelbäumen.
Vegetationskartierungen in der Parzelle C2
Abb. 4 zeigt die unterschiedliche Zusammensetzung der Beikrautflora in Baumstreifen mit mechanischer Unkrautbekämpfung und Herbizidanwendung unter Bäumen der Apfelsorten ‘Elstar, Michielsen’, ‘Gala, Mondial’ und ‘Braeburn, Mariri Red’.
Vegetationskartierung in der Parzelle F2
Die Vegetationskartierung am 9. Mai 2019 vor der Herbizidapplikation am 18. Mai 2019 zeigt sowohl die indirekte Selektion der Beikräuter durch Glyphosat auf Vogelmiere (Stellaria media), Kreuzkraut (Seneccio spp.) und Taubnessel (Lamium spp.) (Tab. 5 und 6), als auch die dominierenden Arten, allen voran Löwenzahn (Taraxcacum officinale), Behaartes Schaumkraut (Cardamine hirsuta) und Gräser (Poa spp.) (Abb. 5a).
Abb. 5b zeigt die Boniturergebnisse der gleichen Parzelle zwei Monate nach der Herbizidapplikation, d. h. die geringere Verbreitung der Beikräuter im Baumstreifen unter den ausgewachsenen ‘Elstar’-Apfelbäumen im Vergleich zum Baumstreifen der Nachbarreihe mit ‘Golden Delicious’ als Bestäuber; beide Sorten stehen auf der Unterlage M 9 und die Bäume haben das gleiche Alter (Abb. 5b). Sowohl Kreuzkraut (Senecio spp.) als auch Gänseblümchen (Bellis perennis) traten in den Baumstreifen unter ‘Elstar’ mit wesentlich geringerer Stetigkeit auf als unter ‘Golden Delicious’ in der benachbarten Reihe. Vogelmiere (Stellaria media), Ehrenpreis (Veronica spp.) und Taubnessel (Lamium spp.), deren Samen nach einem Monat noch nicht aufgelaufen sind, waren in dieser heißen Sommerperiode (bis 41 ºC) besonders betroffen von der Kombination aus Beikrautunterdrückung durch ‘Elstar’ und Glyphosatanwendung einen Monat zuvor (Abb. 5b). Bei der Herbstbonitur zeigte sich jedoch wieder ein stärkerer Aufwuchs von Kreuzkraut (Seneccio spp.) und Taubnessel (Lamium spp.) (Abb. 5c).
Abb. 6 zeigt den mittleren Beikrautbedeckungsgrad und die Wuchsstärke, angegeben jeweils als Boniturnote nach Tab. 4. Sowohl der Bedeckungsgrad als auch die Wuchsstärke der Beikräuter im Baumstreifen bei ‘Golden Delicious’ wurde bei der Vegetationskartierung im Mai 2019 vor der Herbizidapplikation mit den Boniturnoten 3,1 bzw. 2,6 bewertet und überstieg damit signifikant den Wert bei ‘Elstar’ mit 2,2 bzw. 2,2 (Abb. 6) und zeigt den geringeren Unkrautbesatz unter ‘Elstar’ Apfelbäumen (in dieser Parzelle).
Nach der Herbizidapplikation im Mai 2019 überstieg die mittlere Anzahl der unterschiedlichen Beikrautarten pro Boniturrahmen im Baumstreifen von ‘Golden Delicious’ erst die der Anzahl bei ‘Elstar’; dieser Unterschied glich sich mit zunehmendem Aufwuchs im Herbst auf das Niveau der Frühlingswerte an (Abb. 7).
Messung des Beschattungsgrades in der Parzelle J1
Nach Ergebnissen von Wagenmakers und Tazelaar (1999) in Wilhelminadorp (Zeeland) wurden die Lichtmessungen in der von Palmer und Jackson (1977) empfohlenen Nord-Süd ausgerichteten Baumreihe im Juni 2019 um 10:30 Uhr und 14:45 Uhr und im Juli um 10:40 Uhr und 14:30 Uhr durchgeführt, weil zu diesem Zeitpunkt Sonnenflecken und simulierter Lichteinfall nach Wagenmakers und Tazelaar (1999) an unserem 51º Breitengrad am besten korrelierten.
Abb. 8 zeigt eine 25 % bis 30 % signifikant geringere Lichteinstrahlung im Juni 2019 unter den ‘Elstar’-Baumkronen als unter Apfelbäumen gleichen Alters der Sorte ‘Golden Delicious’ in der Nachbarreihe, besonders deutlich zeigte sich der Unterschied am frühen Morgen, wenn der Sonnenstandswinkel mit 57º noch geringer war als zur Mittagszeit bei 62º Sonnenstandswinkel.
Die prozentualen Lichteinstrahlungswerte der Ceptometer-Messungen (10–20 %) im Baumstreifen lagen weit unter den Werten der Schachbrettmethode mit Werten von 40–75 % (Abb. 9); bei beiden Methoden zeigte sich die höhere Beschattung der ‘Elstar’-Bäume im Baumstreifen.
Die prozentuale Lichteinstrahlung von ca. 30 % im Baumstreifen unter den Apfelbäumen war an einem Tag mit diffuser Belichtung im Spätherbst höher als an einem Tag mit direkter Sonneneinstrahlung (ca. 20 %; Abb. 9). Bei dieser Messung konnte kein Unterschied zwischen den beiden Apfelsorten ‘Elstar’ und ‘Golden Delicious’ festgestellt werden (Abb. 10) und lässt darauf schließen, dass der beobachtete Effekt der geringeren Verunkrautung durch Beschattung besonders durch Tage mit direkter Sonneneinstrahlung hervorgerufen wird.
Keimtest
Die Aussaatversuche mit Keimschalen im Baumstreifen beider Apfelsorten (‘Golden Delicious’ und ‘Elstar’) im Sommer haben gezeigt, dass die Keimrate des Lichtkeimers Kresse (Lepidium sativum) bei beiden Apfelsorten (ca. 80 %) identisch zu der des Dunkelkeimers Borretsch (Borago officinalis) (ca. 80 %) war und somit kein Unterschied in der Keimrate in Abhängigkeit von der Lichtstärke auftrat (Abb. 11).
Diskussion
Ziel der Arbeit war, mögliche Ursachen und Wirkungsmechanismen dieses Phänomens der natürlichen Unkrautunterdrückung in ‘Elstar’-Anlagen im Vergleich zu anderen ausgewachsenen Apfelbäumen auf der gleichen Unterlage am gleichen Standort zu untersuchen.
Die Ergebnisse in Tab. 5 bestätigen zum Teil die Beobachtungen der früheren Vegetationskartierung in den Obstanlagen im Rheinland, dass wiederholte Glyphosatanwendung (über 5 bis 10 Jahre) im Meckenheimer Obstbaugebiet einjährige Samenunkräuter, wie Vogelmiere (Stellaria media) und Gemeines Kreuzkraut (Senecio vulgaris) indirekt selektierte, wohingegen Gemeine Quecke (Agropyron repens), Weißes Straußgras (Agrostis stolonifera), Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens) und Ampfer (Rumex spp.) verdrängt wurden (Nohl 1982). Erstaunlich ist, dass die gleiche selektive Wirkung von Glyphosat (2,5 bzw. 3,6 kg/ha/Jahr) auf die zwei oben aufgeführten Arten, Vogelmiere (Stellaria media) und Gemeines Kreuzkraut (Senecio vulgaris), und Gräser auch im Weinbau von Stalder et al. (1977) in Rebanlagen in der deutschsprachigen Schweiz beobachtet wurde. Glyphosat unterdrückte in der Schweiz Convolvulus-Arten, verhinderte aber nach der Applikation nicht das Auflaufen von einjährigen Samenunkräutern, wie Vogelmiere (Stellaria media), Gemeines Kreuzkraut (Senecio vulgaris) und Taubnessel (Lamium spp.) (Stalder et al. 1977).
Neben Vogelmiere (Stellaria media) und Kreuzkraut (Seneccio spp.) traten in unseren Bonituren wesentlich stärker Gras (Poa spp.), Gänseblümchen (Bellis perennis), Löwenzahn (Taraxcacum officinale) und Schaumkraut (Cardamie hirsuta) auf. Die höhere Anzahl an durch Glyphosat und MCPA selektierten Arten im vorliegenden Versuch (Abb. 3) könnte durch den selteneren Einsatz der verwendeten Herbizidkombination zum Zeitpunkt der Untersuchung bedingt sein mit einem längeren Zeitabstand von einem Jahr zur Regeneration der betroffenen Beikrautflora. Nach Stalder et al. (1977) beseitigt die erste Glyphosatbehandlung den Vegetationsaufwuchs einmalig, sodass die bereits im Boden vorhandenen Samen der Samenunkräuter (z. B. Vogelmiere) nach der Applikation im Frühjahr als erstes wieder auflaufen können. Gemeine Quecke (Agropyron repens), Weißes Straußgras (Agrostis stolonifera), Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens) und Ampfer (Rumex spp.) wurden zum Zeitpunkt der Bonitur auf den untersuchten Parzellen am Campus Klein-Altendorf nicht aufgefunden. Bei den vorangegangenen Vegetationskartierungen im Meckenheimer Raum waren die untersuchten Apfelsorten bei der Auswertung nicht berücksichtigt. Die Kombination der Ergebnisse von Kolbe (1969), Nohl (1982) und Stalder et al. (1977) lässt den Schluss zu, dass dieses Phänomen der Unkrautunterdrückung im Baumstreifen von Elstar-Anlagen sortenspezifisch ist und eine Kombination aus den Folgen der stärkeren Beschattung dieser Sorte bzw. Lichtmangel und Herbizid- bzw. Glyphosatanwendung (und spezifischer Wirkstoffe). Die Unterlage spielt vermutlich keine Rolle, da die Vergleichspflanzen immer auf derselben Unterlage (M 9 in Klein-Altendorf bzw. M2 am Laacherhof bei Burscheid) standen.
Anhand der Ergebnisse des zweiten Keimtests konnte keine direkte keimhemmende Wirkung der Apfelbäume oder des Falllaubes der Sorte ‘Elstar’ nachgewiesen werden (Abb. 11) – im Gegensatz zu z. B. Walnuss (Juglans regia), aus deren Blättern herbizidwirksame Stoffe extrahiert wurden und als Herbizide im ökologischen Anbau gegen ausgesuchte Beikräuter verwendet werden könnten (Kocaçaliskan und Terzi 2001).
Die Keimversuche haben gezeigt, dass die Keimrate des Lichtkeimers Kresse (Lepidium sativum) (ca. 80 %) identisch zu der des Dunkelkeimers Borretsch (Borago officinalis) (ca. 80 %) war und somit kein Unterschied in der Keimrate in Abhängigkeit von der Lichtstärke auftrat (Abb. 11). Bei ansonsten günstigen Keimbedingungen (Wasserversorgung, Temperatur) kann es vorkommen, dass Licht- und Dunkelkeimer unabhängig von der herrschenden Lichteinstrahlung gleich gut keimen (Kuhn 1916).
Fazit
Die Kombination unserer Ergebnisse (Abb. 7, 8 und 9 mit ‘Elstar Michielsen’ auf M 9) mit denen von Kolbe (1969) (mit ‘Ingrid Marie’ auf M 2) lassen vermuten, dass die beikrautunterdrückende Wirkung im Wiederaufwuchs nach Beikrautbekämpfung bei ausgewachsenen ‘Elstar, Michielsen’-Apfelbäumen sortenbedingt durch die Schattierung dieser wüchsigeren Bäume und möglicherweise anderer Faktoren bedingt ist und nicht von der Bewirtschaftungsform (IP oder Bio) abhängt.
Literatur
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Danksagung
Wir danken Dr. Onno Muller von der Forschungsanlage Jülich für das Überlassen des Ceptometers, Dr. Adrian Engel, Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer für Durchsicht des Manuskriptes und Dr. Dereck P. Hucklesby, Bristol, UK für die Korrektur des englischen Abstract.
Funding
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Interessenkonflikt
A. Engel, A. Kunz und M. Blanke geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Engel, A., Kunz, A. & Blanke, M. Natürliche Mechanismen der Unkrautunterdrückung in ‚Elstar‘-Apfelanlagen. Erwerbs-Obstbau 64, 15–26 (2022). https://doi.org/10.1007/s10341-021-00629-8
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Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s10341-021-00629-8
Schlüsselwörter
- Apfel (Malus domestica Borkh)
- Baumstreifen
- Beschattung
- Glyphosatersatz
- Herbizid
- Herbizidselektion
- Lichteinstrahlung
- Nachhaltigkeit
- Unkraut
- Vegetationskartierung