Zusammenfassung
Die Autorin beschäftigt sich mit den Frühstadien des Ödipuskomplexes, ihren Verläufen und Schicksalen und nähert sich diesen Entwicklungen, am Beispiel einer Fallgeschichte, aus objektbeziehungstheoretischer Perspektive. Den Überlegungen Kleins zu den Auswirkungen früher Angstsituationen auf die männliche Sexualentwicklung folgend, spürt sie Zusammenhänge zwischen der ungenügenden Bewältigung dieser frühen Stadien und der Beeinträchtigung von Gender-Identität, sexueller Orientierung und Fähigkeit zur liebevollen Objektbesetzung bei ihrem Patienten nach und versucht, dies mittels klinischen Materials zu veranschaulichen. Unbewusste Fantasien um den elterlichen Koitus, das Auftreten heftiger Beraubungs- und Zerstörungsfantasien sowie überwältigende Ängste vor Kastration durch ein bedrohliches vereinigtes Elternpaar prägen demgemäß das innerpsychische Geschehen der oral- und analsadistischen Entwicklungsphasen. Frühe „Urszenen“-Fantasien und damit verbundene, unüberwindliche Ängste vor Vergeltung und Verlust werden im Hinblick auf ihre Spuren bei Identitätsentwicklung und Objektbeziehungsgeschehen beleuchtet.
Abstract
The author deals with the early stages of the Oedipus complex, its courses and fates, and approaches these developments from an object-relations theory point of view, using a case study for illustration. Following Klein’s reflections on the effects of early anxiety situations on male sexual development, she traces connections between the lack of coping with these early stages and the impairment of gender identity, sexual orientation and object relating in her patient. Accordingly, unconscious fantasies about parental coitus, the occurrence of violent fantasies of robbing and destroying mother’s womb and overwhelming fears of castration by a threatening unified parental couple determine the inner situation of the child during the oral-sadistic and anal-sadistic stages. Early fantasies of “primal scenes” and resulting insurmountable fears of retribution and loss are examined in terms of their traces in the development of identity and object relations.
Notes
Freud (1921c) weist darauf hin, dass es sich bei „etwas sein“ und „etwas haben“ um zwei fundamental unterschiedliche Arten von Objektbeziehungen handelt, wobei Erstere vor der eigentlichen Objektwahl möglich ist.
Literatur
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Nach einem Vortrag auf der 9. Deutschsprachigen Internationalen Psychoanalytischen Tagung (DIPsaT) in Wien im Oktober 2020.
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Czermak, Y. Objektbeziehung und Sexualentwicklung. Forum Psychoanal 37, 7–14 (2021). https://doi.org/10.1007/s00451-020-00419-0
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