Corona und Schulungen

Für Coaches, Trainer und Lehrer sind mit der Corona-Pandemie harte Zeiten angebrochen. Aufgrund von Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen, die in konventionellen Schulungsräumen kaum oder gar nicht durchführbar sind, fallen Weiterbildungen reihenweise aus. Die Crux dabei ist, dass der Bedarf an Fort- und Ausbildung aber nicht sinkt. Im Gegenteil. Beim Thema IT-Sicherheit steigt er sogar. Denn mit Beginn der Pandemie ging nicht nur die Anzahl der Homeoffice-Arbeiter in die Höhe, auch die Nutzerzahlen von Videokonferenzsystemen explodieren seit März 2020 förmlich. Private DSL-Anschlüsse und private PCs sind aber in der Regel nicht so geschützt, wie Firmennetzwerke. Dadurch ergeben sich dutzende neue Angriffsvektoren für Hacker: ein Problem für CISOs und andere Verantwortliche im Bereich der IT-Sicherheit. Eigentlich müssten die Mitarbeiter auf die neuen Gefahren sensibilisiert und Verhaltensweisen geschult werden. Nur wie, wenn aufgrund von Corona kaum etwas möglich ist?

Mit IntraCast haben die Autoren dieses Artikels ein neuartiges Format entwickelt, das neben web-based Trainings eine Alternative darstellt. Es basiert auf einem normalen Podcast, der inhaltlich auf die Bedürfnisse eines Unternehmens abgestimmt ist. Zudem wird er nur einer „closed-user-group“, den Mitarbeitern einer Firma, zur Verfügung gestellt. Und das, obwohl standardisierte Podcast-Mechanismen und -Tools eingesetzt werden, die eigentlich eine freie Verbreitung vorsehen. Welche Herangehensweise sich bewährt hat und welche Tools genutzt und integriert wurden, beschreibt dieser Artikel. Zudem wird auf die Besonderheiten eingegangen, die ein personalisierter Podcast mit sich bringt. Schließlich sollen die Mitarbeiter bequem und überall mit Standard-Podcast-Apps lauschen können. Dritte hingegen sollen ausgesperrt bleiben. Was sich auf den ersten Blick beißt und nach Widerspruch klingt, klappt bei der richtigen Vorgehensweise wunderbar.

Wie eine aktuelle Bitkom-Studie vom August 2020 belegt, hört bereits jeder vierte Verbraucher (26 %) Podcasts. Das Medium ist also mittlerweile in der Bevölkerung angekommen, die Zugangsschwelle durch populärwisschenschaftliche Angebote wie den „Coronavirus-Update“-Podcast des Virologen Christian Drosten niedrig. Die Bitkom-Studie zeigt zudem, dass die Hörer kurze Podcasts bevorzugen. 49 % wünschen sich eine Länge bis zu 10 min, weitere 24 % hören gerne 10–15 min zu. Eine Zeitspanne, in die sich einzelne Awareness-Themen der IT-Sicherheit gut packen lassen. Zudem erlaubt das Medium Podcast per se eine lockere und angenehme Form des Konsumierens. So können selbst trockene Themen, wie die internen Passwortrichtlinien, entspannt vermittelt werden.

Podcast aufnehmen

Auch wenn ein Audio-Podcast erstmal einfacher erscheint als ein Video, gilt es, einiges zu beachten. Schlechte Audio-Qualität wird von den Hörern nicht akzeptiert. Ist sie nicht 1A, hat man schnell zum nächsten Podcast gewechselt, das Angebot ist zu groß. Es empfiehlt sich daher, in ein kompaktes Aufnahmegerät zu investieren. Die Kosten liegen etwas unter 200 €. Da sie ohne Lüfter auskommen, produzieren sie keine Nebengeräusche. Zudem ist man sehr flexibel, was den Ort der Aufnahme betrifft. Möchte man den Podcast ganz klassisch am PC aufzeichnen, sollte beachtet werden, dass man jeden Mausklick und Tastaturanschlag hört. Wer während der Aufnahme den Rechner zur Recherche nutzt, sollte besonders leise Peripherie anschaffen. Tablets haben sich hier bewährt.

Die in den Aufnahmegeräten integrierten Mikrofone sind in der Regel für Spracheaufzeichnungen ausreichend. Ein gutes, externes Mikrofon mit Popschutz aus Schaumstoff sorgt aber für weniger Atemgeräusche und einen hörbar satteren Klang mit Raumtiefe. Nimmt man einen Podcast mit mehreren Personen auf, gibt es zudem einige Herausforderungen zu bewältigen. Jede Person sollte ein eigenes Mikrophon verwenden. Das Herumreichen führt zu Pausen und wird als störend wahrgenommen. Aufpassen sollte man allerdings darauf, dass die Stimme des Gegenübers nur auf dessen Mikrofon zu hören ist, was durch größere Entfernung oder Noppenschaumstoff zwischen den Rednern erreicht wird. Einzelne Mikrophone bieten zudem separate Audiospuren, die man flexibler Schneiden kann. Mit der mächtigen, aber gewöhnungsbedürftigen Freeware „Audacity“ lassen sich zwei oder mehrere Tonspuren in der Lautstärke angleichen und schneiden.

Sitzen die Gesprächspartner in verschiedenen Räumen, muss man je nach Kommunikationskanal mit einem Delay rechnen. Schaltet man sich beispielsweise per Skype oder Facetime zusammen, reagiert das Gegenüber verzögert. Man kann das leicht nachvollziehen, indem man versucht, bei einer VoIP-Verbindung synchron zu klatschen, es wird nicht einfach gelingen. Das Problem umschifft man, indem jeder Redner seine eigene Tonspur aufzeichnet und die Spuren im Nachgang am Rechner synchronisierst und längere Pausen entfernt werden.

Neben gleicher Hardware sind auch identische Einstellungen am Aufnahmegerät für die Postbearbeitung hilfreich. Dazu zählt z. B. das verlustfreie Aufnahmeformat WAV statt mp3 mit niedriger Bitrate. Auf andere moderne Audio-Features wie 5.1-Sound darf hingegen getrost verzichtet werden. Selbst eine konsequente Links/Rechts-Trennung zweier Personen sollte vermieden werden. Es klingt einfach seltsam. Bei Podcasts spricht also nichts gegen Mono, gerade weil man auch den typischen Hörer im Fokus haben sollte. Podcasts werden und sollen nebenbei konsumiert werden. Der Hörer hört nur mit einem Ohr zu – im wahrsten Sinne des Wortes, denn bei nur einem Kopfhörer im Ohr bringt ein Stereo-Podcast am Ende wenig.

Podcast ausspielen und anhören

Den Podcast aufzuzeichnen ist das Eine, ihn auszuliefern das Andere. Auch wenn es sich am Ende um eine offene Technologie auf Basis von RSS-Feeds und XML-Dateien handelt, ist man ohne die großen Podcast-Verzeichnisse quasi nicht auffindbar. Daher führt für öffentliche Podcasts kein Weg an Apple, Spotify etc vorbei. Hier helfen professionelle Anbieter wie Podigee, Captivate oder Podbean, die gegen eine geringe Monatsgebühr Verzeichnisse bereitstellen, die von den Podcatchern der Musikportale regelmäßig eingelesen werden. Einen nicht zu unterschätzenden Vorteil bieten die kommerziellen Anbieter zudem: Sie fragen die Metadaten ab und stellen diese in einer Podcast-Datei, den sog. „Shownotes“, bereit. In der Gestaltung ist man frei, es hat sich aber etabliert, dort eine kurze Information zur aktuellen Folge, ein Inhaltsverzeichnis oder Quellenangaben zu transportieren. Zudem bereiten die Anbieter Statistiken auf. Natürlich möchte man als Podcaster wissen, wie viele Menschen überhaupt zuhören. Es spricht aber grundsätzlich nichts dagegen, das Hosting der Podcast-Dateien und des RSS-Feeds selbst zu betreiben. Wenn man sich ein wenig mit XML, Webhosting und Audio-Encoding auskennt, kann man im Prinzip alles selbst bereitstellen. Auch die Statistiken können durch Auswertung von Server-Logfiles z. B. mit AWStats selbst erzeugt werden.

Übrigens: Entgegen anderen Inhalten wird ein Podcast bei Apple oder Spotify nicht direkt zum Download angeboten. Die Anbieter verweisen lediglich auf den RSS-Feed, welcher wiederum zum eigentlichen Download führt. Wo die Dateien letztendlich bereitliegen, spielt also keine Rolle. Außer http(s) sind keine weiteren Protokolle oder Dienste nötig. Beim Selbsthosting sollte jedoch darauf geachtet werden, dass man bei seinem Anbieter keine Traffic-Beschränkungen hat, da erfolgreiche Folgen sonst bald nicht mehr abgespielt werden können.

Hält man sich an die wenigen Vorgaben, können die Hörer nicht nur per Browser zuhören. Die zahlreichen Podcast-Apps für Android und iOS bieten meist einen größeren Funktionsumfang. Sie können Podcasts schneller abspielen oder automatisch Stille überspringen. Diese Funktionen richten sich eher an die Power-User unter den Hörern, abspielen können natürlich alle Apps. Aber auch das Auge isst beim Audio-Podcast mit. Um aus der Masse herauszustechen sollte ein Podcast Cover nicht fehlen. Hier empfiehlt es sich, mindestens 1400 × 1400 Pixel und maximal 3000 × 3000 Pixel zu verwenden. Da Podcasts in der Regel auf mobilen Geräten konsumiert werden, ist die Lesbarkeit von Text auf dem Hintergrund wichtig. Ganz essenziell ist zudem ein markantes Intro, welches jeder Folge vorangestellt wird. Hier ist es absolut ratsam, einen professionellen Sprecher und Sound-Ingenieur hinzuzuziehen und dafür auch einen mittleren drei- bis niedrigen vierstelligen Betrag zu investieren. Der professionelle Eindruck, der sich beim Hörer in den ersten Sekunden bildet und ihn letztlich am Ball hält, zahlt sich schon bald aus.

Podcast beschränken auf Usergruppen

Podcasts sind meist öffentlich und man möchte in der Regel möglichst viele Menschen erreichen. Daher scheint das Modell von Intracast, den Zugriff einzuschränken, erstmal fremd. Andererseits ist es verständlich, dass die CxOs nicht wünschen, dass auch die Konkurrenz oder gar Kunden mithören können, welche IT-Probleme oder -Incidents mit den Mitarbeitern besprochen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, kann der Podcast z. B. ausschließlich über das firmeneigene Intranet angeboten werden, etwa nur auf einer Website zum direkten Anhören. Das ist sicher, schränkt aber das Medium und die Vorteile eines Podcasts stark ein. So ist eine Nutzung unterwegs kaum mehr möglich, sofern kein VPN eingesetzt wird. Alternativ bieten die gängigen Podcast-Player die Möglichkeit, einen passwortgeschützten RSS-Feed zu abonnieren. Diese privaten Podcasts kann man meist auch über die kommerziellen Plattformen bereitstellen. Alternativ konfiguriert man es in Form von .htaccess/.htpasswd auf dem eigenen Apache-Webserver.

Unabhängig von einer offenen oder eingeschränkten Verbreitung, bieten personalisierte Podcasts eine neue Alternative zu den wenigen, rein digitalen Schulungsformaten in Zeiten von Corona. Sie sind technisch einfach zu realisieren und bieten trotzdem weitreichende Freiheiten in der Gestaltung. Im Gegensatz zu einem klassischen Podcast geht es bei ihnen nicht darum, möglichst viele Hörer zu generieren. Vielmehr sollen sie Mitarbeiter ansprechen, sie mitnehmen und eine Message transportieren. Daher kommt der Erfolg nicht durch Reichweite, sondern durch sympathische Sprecher, die firmeninterne Richtlinien locker und mit direkter Ansprache verkaufen. Gelingt es zudem, scheinbar unwichtiges, aber internes Wissen einfließen zu lassen, erreicht man mit den Hörern ein Wir-Gefühl. Nicht nur die interne Passwortrichtlinie, gerade die Erwähnung der für den Podcast-Inhalt bedeutungslosen Currywurst aus der Kantine oder des niedlichen Hundes am Pförtnerhaus transformiert einen Podcast vom Hörspiel zum Heimspiel.