Zusammenfassung
Das Internet wurde anfangs als dezentrales, redundantes Netz konzipiert, um ein möglichst hohes Maß an Ausfallsicherheit zu schaffen. Als Nebenwirkung dieser Architekturentscheidung war das entstehende Netz schwer zu kontrollieren. Wer irgendwelche Dienste oder Inhalte anbieten wollte, war kaum daran zu hindern. In der Folge erschienen im schnell wachsenden Internet auch viele Inhalte, die vielen Regierungen und Institutionen nicht passten. Heute ist von der frühen Anarchie nur noch wenig übrig. Der Wildwuchs im Netz ist weitgehend gestoppt, und Regierungen versuchen – größtenteils mit Erfolg – nationales Recht im internationalen Netz durchzusetzen. Das Narrativ vom „Internet als rechtsfreien Raum“ stimmt heute noch weniger als früher. Aus diesem Grund versuchen einige Netzaktive, dem Netz wieder zu etwas mehr Freiheit zu verhelfen, indem sie neue, dezentrale Strukuren etablieren.
Notes
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Z%C3%BCndel.Ana-log-le-ben.
Streng genommen ist der Begriff „Zensur“ in diesem Kontext nicht korrekt. Ich verwende ihn dennoch, weil es für die Endanwender de facto Zensur ist, auch wenn es de jure „Netzsperren“ oder „Inhaltsfilter“ heißt.
Im normalen Internet übernehmen SSL-Zertifikate die Aufgabe, sicherzustellen, dass Sie wirklich mit Ihrer Bank und nicht einer Phishing-Site sprechen. Der wirre Hostname eines Servers im Onion-Netz ist der Fingerabdruck seines öffentlichen Schlüssels und übernimmt damit die Rolle des SSL-Zertifikats.
Es gibt Netze, die Inhalte verteilt vorhalten, so dass sie sogar das Abschalten einzelner Server überleben.
Eine sehr sachliche Darstellung findet sich bei Mey, Stefan „Darknet – Waffen, Drogen Whistleblower“, C.H. Beck Paperback ISBN 978-3-406-71383‑5 https://www.chbeck.de/mey-darknet/product/20384484.
DNS-Sperren sind allerdings schon aus technischer Sicht gefährlicher Unfug. Sie lassen sich leicht umgehen, bergen die Gefahr, unbescholtene Seiten ebenfalls zu sperren (Overblocking) und sind auch juristisch nicht ganz unbedenklich, wenn sie Zugriffe auf eine Hinweisseite umleiten und damit Listen von Leuten ermöglichen, die – aus welchen Gründen auch immer – sich für einen Inhalt nur interessiert haben. Sie sind hier nur als Beispiel für eine mögliche Sperrtechnik genannt.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Selzer, J. Die Rückkehr des Dezentralen. Informatik Spektrum 43, 192–196 (2020). https://doi.org/10.1007/s00287-020-01273-4
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00287-020-01273-4