Einleitung

Chile ist als modernstes Land Südamerikas unterhalb Perus eine langgestreckte Küstenregion am Pazifik mit den Anden im Osten, allen Klimazonen und Anbaubedingungen. Bei nur 18 Mio. Einwohnern und somit geringem heimischen Obstkonsum ist der Obst- und Weinbau exportorientiert.

Anbauflächen in Chile und Obstproduktion 2017–18

Die Apfelfläche blieb über Jahre konstant bei ca. 36.000 ha (Tab. 1) und damit geringfügig höher als die Apfelfläche in Deutschland mit 32.000–33.000 ha, auf der wir jährlich im Schnitt ca. 900.000 t Äpfel ernten. Im Rahmen der Konsolidierung sank die Anbaufläche von Kiwi aufgrund der BSA-Krankheit von 12.000 ha auf 6000 ha, die der Birnen aufgrund fehlender Nachfrage von 17.000 ha auf heute 9000 ha und die Avocadofläche aufgrund von Wassermangel bzw. Trockenheit von einst 39.000 ha (2008) auf heute 29.300 ha. Die Avocado-Anbaugebiete sind vornehmlich im Norden mit 65 % in Valparaiso und je 15 % in Metropolitana und in Coquimbo (Abb. 1); für den Export wird die „Blackskin“ Weltsorte ‘Hass‘ (80 %) angebaut und für die Inlandsnachfrage (20 %) die zur Reife grünbleibenden „Greenskin“ Sorten ‘Fuerte‘ und ‘Edranol‘.

Tab. 1 Anbaustatistik Chile: Frischobst 2017/18
Abb. 1
figure 1

Lage der Obstbaugebiete in Chile mit Anbauflächen (in 1000 ha) (ODEPA-CIREN)

Obstbaugebiete in Chile, Klima – Temperaturen, Kältestunden und Niederschlagsverteilung

Abb. 1 zeigt die Lage der Obstbaugebiete von Valparaiso und Metropolitana in der nördlichen Mitte am 34°S Breitengrad sowie von O’Higgings und Maule (36°S) in der südlichen Mitte des Landes. Die Anbaugebiete weisen meist ausreichende Niederschläge (650–750 mm) auf (Tab. 2, Abb. 2). Die jährlichen Kältestunden und ihrer saisonaleVerteilung zeigen Tab. 2 und Abb. 2. Der Anbau – vor allem von Kirschen – weitet sich weiter südlich aus in die Regionen Bio-Bio und Araucania (Abb. 1).

Tab. 2 Jährliche Summe der Kältestunden [CH Chilling Hours; 0–7,2 °C] und Niederschläge in den Obstbauregionen Chiles (1980–2015; Atlas Agroclimatique 2017)
Abb. 2
figure 2

Verteilung der Kältestunden (Chilling hours) und Niederschläge über das Jahr (Jan bis Dez) am Beispiel Talca (Durchschnitt 1980–2015). (Atlas Agroclimatique—Band II—O’Higgings and Maule 2017)

In Chile stehen dem Obst- und Weinbau ausreichend Land, Regen, Wasser, Energie und – außer in Valparaiso (Meeresnähe am Pazifik) – im Winter ausreichend Kältestunden und Arbeitskräfte sowie Exportorganisationen zur Verfügung. Die Kältestunden im Winter (0–7,2 °C) von 1250 CH bis 1650 CH (Tab. 2) reichen für Wein und Obst (Blanke und Kunz 2009) einschließlich kältebedürftige Kirschsorten (Kaufmann und Blanke 2017); die ersten Niederschläge beginnen – nach der Apfelernte – im April. Landwirtschaftliche Grundstücke kosten je nach Lage und Zugang zu Wasser zwischen US $ 2000 und US $ 20.000/ha. Die umweltfreundliche Energie stammt aus Wasserkraft aus den Anden, die Aushilfsarbeitskräfte sind Einwanderer aus Haiti und erhalten US $ 3/h netto. Hagel, Kältemangel im Winter (Abb. 3) und Drosophila suzukii sind unbekannt.

Abb. 3
figure 3

Verlauf der Max/Min-Temperaturen in Chile – am Beispiel der Obstbauregion Talca (Durchschnitt 1980–2015; Atlas Agroclimatique—Band II—O’Higgings and Maule 2017)

Centro de Pomaceas

Das Centro de Pomaceas an der Universität von Talca, gegründet in 1995, ist mit seinen 12 Mitarbeitern verantwortlich für die Ausbildung der Studenten der Fakultät der Agrarwissenschaft im Masterkurs Obstbau/Gartenbau. Das Zentrum mit Kosten von ca. € 1000 pro Tag finanziert sich zu 20 % aus öffentlichen Mitteln über die Universität und zu 80 % aus Projekten und beratender Tätigkeit und Service. Das Zentrum ist Anlaufpunkt für alle obstbaulichen Fragen im Bereich Kernobst und Süßkirsche; seine internationale Bekanntheit drückt sich in bisher 2000 Besuchern aus 40 Ländern aus.

Apfelanbau

Die Apfelerträge in den vier Anbauregionen (Abb. 1) liegen bei 40 t/ha (rote ‘Gala‘ Mutanten), 60 t/ha (‘Gala, Mondial‘ und ‘Fuji Kiku®‘ (Fubrax (S))) bis maximal 110 t/ha (‘Cripps Pink‘) (Tab. 3); als Unterlage wird von den mittelschwach wachsenden MM106 und M7 auf M9 umgestellt.

Tab. 3 Apfelsorten (nach Reifezeit) und -erträge (Volumen und Preise in US Dollar bzw. US cent) in Metropolitana, Maule und O’Higgings (Chile)
Tab. 4 Anbaudaten Apfelanbau in Chile

Bei ‘Fuji‘ werden die besser rot färbenden Mutanten ‘Fuji, Kiku®‘ (Fubrax (S)) und ‘Fuji, RakuRaku‘ verwendet, deren Früchte mehr Deckfarbe ausbilden als die Mutanten ‘Fuji, Suprema‘ oder ‘Fuji, Kiku 8‘; bei ‘Gala‘ wird ‘Gala, Galavan‘ als rote Mutante verwendet, die zwar geringere Erträge, aber höhere Preise erzielt (Tab. 3).

Als neue Sorten befinden sich ‘Sweetango‘, ‘Ambrosia‘ (beide Nordamerika), ‘Kanzi‘, ‘Evelina‘ und Envy® (mit geringem Erfolg durch Berostung und schwacher Farbe auf der Innenseite) in Versuchen. Hauptprobleme im Apfelanbau sind Frost, Fruchtbehangsregulierung bzw. Alternanz bei ‘Fuji‘, Sonnenbrandrisiko (Tab. 4) und Schorf sowie Calciumversorgung für eine lange Lagerfähigkeit und Transportweg ohne Stippigkeit.

In der Saison 2017/18 kam es zu Überdünnung durch dreimaliges Ausdünnen (Promalin zur Blüte), NAA (zum Petalenfall) und CyLex (BA) 30 Tage nach Blüte, während in den nördlichen Regionen BA durch geringe Temperaturen nicht gewirkt hat und zu kleinen schwach gefärbten ‘Gala‘-Früchten führte (Abb. 4a). In dem kleineren nördlicheren Anbaugebiet um Valparaiso ist ungenügender Kältereiz im Winter (215 CH) und Trockenheit (Tab. 2) ein Problem. Frost wird bei Inversionswetterlage durch Windräder alleine bzw. Strahlungsfrost durch eine Kombination von relativ niedrigem Windrad mit Gasantrieb amerikanischer Bauart erfolgreich bekämpft.

Abb. 4
figure 4

Kleine ‘Gala‘-Früchte mit ungenügender Ausfärbung (a) und Silberfolie unter den Apfelbäumen zur Verbesserung der Lichtreflexion und Fruchtausfärbung (b)

Gegen Sonnenbrand werden Schattiernetze (20 % oder 35 % Lichtreduzierung) unterschiedlicher Farbe eingesetzt (Abb. 5b) – unter schwarzen Schattiernetzen wurde eine starke Reduzierung der Blütenbildung beobachtet. Bäume mit Spindelerziehung bieten etwas weniger Sonnenbrandgefahr als solche mit Solaxe-Erziehung mit nach oben offenen, d. h. mehr exponierten Ästen. Kaolin und Mikrosprinkler (Verdunstungskälte) werden kaum eingesetzt. Höhere Bäume als 3,6 m erzielen unter der starken Sonneneinstrahlung in Mittel-Chile – keine höheren Erträge und keine bessere Fruchtqualität, aber höhere Pflückkosten (Yuri et al. 2011). Gegen Berostung wird GA erfolgreich eingesetzt.

Abb. 5
figure 5

Apfelanbau in Talca unter weißem Schattiernetz mit Silberfolie zur Verbesserung der Fruchtausfärbung (a) und Versuche zum Vergleich verschiedener Farben der Schattiernetze (b)

Verbesserung der Fruchtfarbe

Bei ’Gala‘ kam es 2017/18 zu einer schwachen Fruchtausfärbung (Abb. 6a), der man durch Entfernen der beschattenden Laubblätter um die Früchte von Hand (Abb. 6) und Verwendung von Reflexionsfolien entgegenzuwirken versuchte (Blanke 2015). Dazu werden hauchdünne Aluminium beschichtete PE-Folien unter den Baumreihen 2–3 Wochen vor Erntetermin ausgelegt (Abb. 4b) mit Kosten von US $ 500/ha/Jahr, aber durch die starke Verschmutzung (Staub) oder Laubfall nur einmal verwendet, so dass relativ viel Plastikmüll anfällt, aber das aufwendige Einrollen (und Säubern) entfällt.

Abb. 6
figure 6

Entfernen der schattierenden Blätter über der Apfelfrucht bei der Sorte Envy®

Kirschen

Angebaut werden die Sorten ‘Bing‘, ‘Lapins‘, ‘Ranier‘, ‘Kordia‘, ‘Regina‘, ‘Skeena‘, ‘Santina‘, ‘Sweetheart‘ auf 25.000 ha; 10 % davon sind mit einfacher Flachfolie überdacht mit zunehmender Tendenz, um das Platzen während der regenreichen (Abb. 2) Reifezeit im November–Dezember zu verhindern. Ziel ist sowohl eine Verfrühung auf Anfang November sowie eine Verspätung zum chinesischen Neujahrsfest. Exportpreise liegen für Süßkirschen bei 6 US $/kg, für Äpfel bei 0,92 US $/kg.

Fazit

Der Obstbau Chiles ist – trotz Frost und Sonnenbrandgefahr – geprägt von guten Klimabedingungen (ohne Hagel) und hohen Erträgen und mit 70–80 % exportorientiert. Verschiffungshafen für das Obst ist San Antonio bei Valparaiso. Der Schiffstransport nach Europa dauert 15–45 Tage. Abnehmer sind in erster Linie China und die USA, aber auch Europa im Winter auf der Nordhalbkugel.